Die Arbeit von Prof. Adt bedeutete für das Orchester das Vordringen in neue
Dimensionen. Seit 1998 an der Hochschule für Musik und Theater in München,
war er dort bis zu seinem Wechsel im Oktober 2017 als Präsident an die Hochschule
für Musik in Nürnberg Professor für Orchesterleitung (Kirchen- und
Schulmusik) und gleichzeitig Vizepräsident. Mit ihm hatten Orchester und Verein
einen Dirigenten gewonnen, der aus dem professionellen Bereich kam und dennoch interessiert
war, mit Laien wie unseren Orchestermusikern zu arbeiten. Das war ein Glücksfall, den
wir außerordentlich geschätzt haben. Auf diese Weise waren wir in der Lage,
unsere Programme mit einem erfahrenen Dirigenten zu erarbeiten, der aus einem
unendlich reichen Schatz von Erfahrungen schöpfen konnte.
"Fördern und Fordern" bzw. "Fördern durch Fordern" ist das Motto, mit dem
er erreicht hat, daß wir einen regen Zulauf von Musikern der Umgebung hatten.
Das Philharmonische Orchester wurde in dieser Zeit ein vollständiges symphonisches
Orchester, das zur Aufführung auch der wirklich groß besetzten Werke
der Romantik keine oder nur ganz wenige Aushilfen verpflichten mußte.
"Fördern durch Fordern" hieß für Prof. Adt vor allem, nicht gleich
zufrieden zu sein mit dem, was wir als Laienmusiker in den Orchesterproben ablieferten.
Seine Devise lautete: "Es gibt immer etwas zu verbessern." Er erklärte und feuerte an,
um ein musikalisches Ergebnis zu erzielen, das seinen Vorstellungen näherkam.
Einerseits erarbeitete er geduldig einzelne Passagen in den Werken. Dabei durfte
er aber andererseits nicht – und das zeichnete ihn aus – das große
Ganze aus den Augen verlieren. Am Ende, also im Konzert, mußte der musikalische
Bogen stimmen und die Aussage eines Werkes beim Publikum ankommen. Doch das ging nur,
wenn zuvor das Orchester selbst dies verstanden hatte. Das zu vermitteln, darin
lag Prof. Adts besondere Fähigkeit. Dazu versuchte er, in den Köpfen
der Musiker Bilder zu erzeugen, Geschichten entstehen zu lassen, die es ihnen
ermöglichten, im Moment des Spielens die Musik anders, neu zu erleben. Denn
das Musizieren ist bei weitem nicht nur eine handwerkliche Fähigkeit, die
es abzurufen gilt. Ohne das geht es nicht. Doch es muß wesentlich dazukommen,
daß jeder einzelne bereits im Kopf eine Vorstellung davon hat, was nachher
erklingen soll, bevor er überhaupt anfängt, seinen Part zu spielen. Diesen
Zusammenhang zwischen der Vorstellung und dem musikalischen Ergebnis bewußt zu
machen, dazu anzuleiten, wie man das schafft, darin sah Prof. Adt einen Teil
seiner Aufgabe. Daß ihm das gelang, davon zeugten die Konzerte. Sie
sind der Abschluß dieses Weges, der mit der ersten Probe am Konzertprogramm
begann.
In die Anfangszeit von Prof. Adt fiel die Zeit, in der die Loisachhalle nicht
zur Verfügung stand. Dies war für die Arbeit des Vereins, des Orchesters
und seines Leiters eine bittere Zeit, weil alle möglichen Ausweichquartiere,
die zur Verfügung standen, irgendwelche Nachteile hatten, also die fehlende
Loisachhalle nicht ersetzen konnten. Mit ihm gemeinsam konnten Vereinsführung,
Verein und Orchester diese schwierige Zeit gut überstehen, es konnten
immer Werke aufgeführt und Solisten verpflichtet werden, die genügend
Anziehungskraft entwickelten, um das Publikum auch in dieser Situation bei der
Stange zu halten. Im Jahre 2009 wurde endlich die Loisachhalle mit der Aufführung
von Beethovens Neunter wiedereröffnet. Das Orchester und sein Dirigent kehrten
für ihre Konzerte an einen Ort zurück, der das Ambiente und die Ausstrahlung
hat, die für solche Veranstaltungen erforderlich sind.
In den fast siebzehn Jahren mit Prof. Adt gab es eine ganze Reihe von Höhepunkten,
die in Erinnerung bleiben: Orffs "Carmina Burana" am Marienplatz in Wolfratshausen,
Schumanns Cellokonzert mit Wen-Sinn Yang in der zur Baustelle gewordenen Loisachhalle,
Magnards und Nielsens Vierte, Schuberts große C-Dur-Symphonie, die Frankreichfahrt
mit Rossinis "Stabat Mater", Brahms' Doppelkonzert mit Ingolf Turban und Wen-Sinn Yang,
Webers "Der Freischütz", Prokofjews "Peter und der Wolf", Brahms' "Ein deutsches Requiem",
die Filmkonzerte mit Lotte Reinigers "Die Abenteuer des Prinzen Achmed".
Diese Auswahl ließe sich beliebig fortsetzen (s. auch diese
Übersicht).
In der Zeit, als Prof. Adt neben seiner Tätigkeit als Professor und
Vizepräsident der Hochschule für Musik und Theater in München
Künstlerischer Leiter und Chefdirigent der Bad Reichenhaller Philharmonie
war, ließen ihm diese Aufgaben nicht ausreichend Zeit, um auch alle
Konzerte des Konzertvereins Isartal einzustudieren und aufzuführen.
So vereinbarte die Vereinsführung mit Prof. Adt, daß er während
seiner Zeit in Bad Reichenhall nicht jedes Konzert erarbeiten und aufführen
solle, sondern daß dafür zunächst 2013
Bernhard Willer
und 2014/15 Thomas Sonner
verpflichtet wurden. Beide waren Prof. Adt bestens bekannt, hatten sie doch bei
ihm selbst Dirigieren studiert. Ihre Verpflichtung erfolgte auf Prof. Adts Rat
und Empfehlung hin. Die von vorn herein absehbar zeitlich begrenzte Zusammenarbeit
mit ihnen war so freundschaftlich geprägt und in einer Weise erfolgreich,
daß keinerlei Wünsche offenblieben. Seit Prof. Adt im März 2015
seine Tätigkeit in Bad Reichenhall beendet hatte, war er wieder in der Lage,
regelmäßig mit unserem Orchester zu arbeiten und die Programme aller
unserer Konzerte vorzubereiten.
Sein Wissen und seinen Rat schätzte insbesondere auch der Vorstand des
Konzertvereins Isartal. Sie waren unerläßlich, um die zeitraubende
und manchmal schwierige Jahresplanung unserer Konzertreihe zu erstellen.
Insbesondere seit der Verein 2009 gezwungen war, selbständig und
unabhängig die Konzertreihe klassik pur! im isartal ins Leben zu
rufen, und sie seitdem fortführt, war es ungeheuer wichtig, daß
sich unser musikalischer und künstlerischer Leiter mit diesem Projekt
identifizierte und so ganz wesentlich zu ihrem Erfolg beitrug.
Wir als musikalische Laien profitierten vom Engagement Prof. Adts in einer
Weise, wie Außenstehende, die die Proben nicht miterleben, es sich
vielleicht gar nicht vorstellen können. Ob es die doch nicht so
große Dur-Terz, der nicht so scharfe Leitton, das heftige, aber nicht
brutale Sforzato, das feine und doch nicht dünne Pianissimo, das
leidenschaftliche und nicht sentimentale Adagio sind, stets entdeckten wir
durch seine Vermittlung Neues in der Musik. Bei der Arbeit mit ihm lernten wir
musikalische Zusammenhänge zu erkennen, bekamen Hinweise auf das Besondere
eines Werkes, eines Komponisten oder einer Epoche. Gerade diese Erfahrungen,
die das Orchester beim Proben unter seiner professioneller Leitung machen konnte,
beflügelten es immer wieder und ließ es über sich hinauswachsen.
Orchester und Verein bedanken sich bei Christoph Adt für diese
außerordentlich fruchtbare
und anregende Zeit. Durch die Ernennung zum Schirmherrn der Konzertreihe
klassik pur! im isartal (neben Prof. Ingolf Turban) bringt der KVI
seine weiterbestehende enge Verbundenheit mit Prof. Christoph Adt
zum Ausdruck und wünscht ihm alles Gute für die Zukunft.
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